Kunst

Auf Stöckelschuhen durch Islamabad

Nigar Nazar ist die erste Comiczeichnerin Pakistans. Mit „Gogi“ hat sie eine Comic-Heldin geschaffen, die sich für die Bildung von Frauen einsetzt. Heute Abend werden in Potsdam ihre Zeichnungen gezeigt.

Gogi ist jung, hübsch, hat lange Wimpern, trägt einen modischen Kurzhaarschnitt und mit Vorliebe auffallend bunte, gepunktete Kleider. Mit Kopftuch ist sie nie zu sehen, dafür aber mit Ohrringen und Stöckel-Schuhen. Seit sie 1971 das erste Mal auf Papier auftauchte, ist Gogi die Comic-Heldin der Zeichnerin Nigar Nazar. Mit Witz und Charme kämpft sich Gogi durch den pakistanischen Alltag, der es bildungshungrigen Frauen keinesfalls leicht macht.

Gogis Urheberin Nigar Nazar hatte selbst als eine der wenigen pakistanischen Frauen in den 70er Jahren erst Medizin studiert, war dann aber zur Bildenden Kunst gewechselt und hatte ihren Abschluss an der University of Punjabin in Lahore gemacht, der zweitgrößten Stadt Pakistans. Schon während ihres Medizin-Studiums hatte die junge Nazar ständig gezeichnet. Über die Jahre erschienen ihre Comics nicht nur in Pakistanischen Zeitungen und Zeitschriften, sondern auch in der Türkei und Libyen und wurden ins Englische übersetzt.

nizar nagar facebook

Am Anfang sollten meine Comics einfach nur unterhalten, später widmeten sie sich sozialen Problemen“, sagt Nazar, die heute in Islamabad wohnt und sich für UNICEF engagierte. Die Heldin Gogi sei vor allem für Kinder und junge Frauen eine gute Vermittlerin abstrakter Konzepte wie Demokratie, Toleranz, Frauenrechten, aber auch Alltagsdingen wie Hygiene und Umgangsformen. Vor allem aber setzt sich Gogi für das Recht muslimischer Frauen auf Bildung ein. Bildung ist in einigen Regionen meist nur für Jungen verfügbar – noch heute können nur rund 58 Prozent der Menschen in Pakistan lesen und schreiben.

Eine Ausstellung zeigt nun in Potsdam Nazars Arbeiten. Zur heutigen Eröffnung wird sie vor Ort Comics zeichnen und einen Einblick in die Comic-Welt Pakistans geben.

Vernissage 13. Januar 2016 ab 19 Uhr mit Nigar Nazar: Atrium der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Karl-Marx-Straße 2, 14482 Potsdam

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Dinkelburger und Jogi-Tee

cafe berlin Foto- Egan Snow _ flickr.com

Foto: Egan Snow / flickr.com

Eine Entwicklung ist in Berlin zu beobachten, die sich nicht mehr leugnen lässt: Die Männer zwischen 30 und 50 gleichen sich den Frauen hinsichtlich ausgefallener Wohlfühlernährung immer mehr an. Sie machen sich die kapriziösen Essgewohnheiten des anderen Geschlechts zu eigen. Laktosefreie Milch, Reiswaffeln, glutenfreies Müsli, Jogi-Tee, frischer Ingwer und Sojajoghurt. Das alles findet sich längst auch in männlichen Single-Küchen. Sehr zum Erstaunen der weiblichen Gäste, die zu Besuch kommen und Wohlfühltee oder handaufgeschäumten Sojamilchcappuccino angeboten bekommen. Und vor allem: Die hippen Mitte-Männer stehen in aller Öffentlichkeit zu ihren feminin anmutenden Ernährungsticks. Zunehmend trinken auch sie ihren laktosefreien Latte in den Cafés, um keinen Pupsi-Bauch zu bekommen. Oder sie bestellen grüne Smoothies als Teil ihrer Detox-Kur. Sie finden Gefallen an Veggie-Burgern und exotisch klingenden Gemüsesorten wie Topinambur. Soll man das als Zeichen einer fortschreitenden Verweichlichung der Männer auffassen oder sich über diese Entwicklung freuen? Fakt ist, dass die Domänen Fitness, Wellness, Beauty-Food, Entschleunigen und Balance inzwischen nicht mehr nur den Frauen gehören. Einkaufen im Bio-Supermarkt gehört nun auch für viele Männer genauso zum Alltag wie der Besuch eines Jogakurses oder die Teilnahme an einer Familienaufstellung.

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Was möchte uns Frau von der Leyen damit sagen?

aktiv andersDie Werbeslogans des Bundesministeriums für Verteidigung wollen besonders originell sein, punkten aber nicht gerade mit Aussagekraft und Feingefühl.

Seit Ursula von der Leyen das Amt des Ministers für Verteidigung Ende 2013 übernommen hat, weht ein femininer Wind am Bendlerblock in der Stauffenbergstraße. Riesige Bundeswehr-Werbebanner mit Frauen sind an der Tagesordnung. An sich nichts Besonderes. Schließlich steigt die Zahl der weiblichen Soldatinnen wie auch die Möglichkeiten für Frauen, Karriere bei der Bundeswehr zu machen. Wer aber genauer hinschaut, rätselt über die Botschaft, die von den Plakaten ausgehen soll. Zurzeit prangen dem Passanten drei Adjektive entgegen, daneben das Foto einer freudig lächelnden Frau in blauer Dienstkleidung. Aktiv. Attraktiv. Anders.

Hat man sich so die perfekte Frau bei der Bundeswehr vorzustellen? Als aktiv bezeichnet man im Allgemeinen Frauen, die viel Sport treiben, aber auch solche, die viel Sex haben. Dass die Soldatinnen tätig sind, ist wichtig, keine Frage, aber warum ist es erwähnenswert, dass sie auch attraktiv sind? Da noch ein drittes Adjektiv fehlte, um die A-Trias abzurunden, entschied man sich für „Anders“, was jedoch den Beigeschmack von „Seltsam, andersartig“ hat. Dabei wollte man doch eigentlich sagen „besonders, hervorragend“. Wer über den Slogan nachgrübelt und seinem tieferen Sinn auf den Grund gehen will, der wird auf der Seite der Bundeswehr aufgeklärt. Und siehe da, der Slogan soll gar nicht die Frau bei der Bundeswehr beschreiben, sondern die Bundeswehr selbst. Das macht die Sache leider auch nicht besser.

bundeswehr

Bild gefunden auf: frauenrat.de

Irgendwie seltsam mutete schon der vorherige Bundeswehr-Banner an der gleichen Stelle an. „Schön Bund. Soldatin in der Bundeswehr“ stand auf der Fotografie, die eine junge Frau in Tarnuniform und geschwärztem Gesicht zeigte. Abgesehen davon, dass die zwei losen Wörter keiner grammatikalischen Logik folgen, ist der Titel auch sonst irgendwie unpassend, da ohne klar verständliche Botschaft. Man denkt an romantisch-völkische Mädchenvereinigungen wie „Bund Deutscher Mädel“ oder aber an „schön bunt“. Beide Assoziationen können wohl nicht die Absicht des Auftraggebers gewesen sein. Aber was wollte uns Frau von der Leyen dann damit sagen? Blumen, Mädchen, das Wetter sind schön. Aber die Bundeswehr schön nennen? Das hieße doch, sie auf das Niveau einer gut gelaunten Sonnenschein-Truppe herabzustufen. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Ministerin höchstpersönlich an den Slogans mitgetextet hat. Oder die beschäftigte Werbeagentur folgte konsequent dem Leitsatz „Was der Kunde will, bekommt er auch.“

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