Interview, Kunst

Didier Claes: „Die Zeit der verstaubten Galerien ist definitiv vorbei“

Didier Claes ist einer der bedeutendsten Händler für alte afrikanische Kunst und für seine auffälligen Inszenierungen bekannt. Im Interview spricht der Belgier über seine vermögende Kundschaft, gefälschte Werke, Preisentwicklungen und wie wichtig die eigene Außendarstellung ist.

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Monsieur Claes, Wann haben Sie beschlossen, Händler zu werden? Schon als Kind?
Kunstgalerist ist in der Regel ein Beruf aus Leidenschaft, den man schon sehr früh für sich entdeckt. Es ist nicht etwas, das einfach passiert. Bei mir hat es einen familiären Hintergrund. Mein Vater arbeitete für das Nationalmuseum im Kongo. Ich bin dort aufgewachsen und begleitete ihn auf der Suche nach Kunstwerken, die er an das Museum verkaufte.

Ist es sehr schwierig, außergewöhnliche Stücke zu finden?
Das Aufspüren von Kunstwerken ist das schwierigste an meinem Beruf, denn Afrika ist seit 40 Jahren leer. Es gibt mit Ausnahmen im Bereich der Archäologie kaum noch Möglichkeiten, Kunstobjekte zu finden, zumindest keine von Qualität. Ich sage nicht, dass es unmöglich ist, aber es ist so, als ob man ein Bild auf dem Dachboden findet. Die geringe Zahl ist nicht ausreichend, um damit ein Geschäft zu betreiben. Ich kaufe daher viel aus Sammlungen, manchmal auch aus den alten Beständen von Familien, die Objekte im Rahmen ihrer Berufstätigkeit aus Afrika selbst mitgebracht haben.

Wie viel muss man für die schönsten Werke ausgeben?
Es kommt darauf an. Kleine Alltagsgegenstände sind schon für ein paar Tausend Euro zu haben. Spitzenwerke kosten mehrere Millionen Euro.

Didier Claes mit mehreren Kota-Reliquiarfiguren im Museum Van Buuren.
Didier Claes mit mehreren Kota-Reliquiarfiguren im Museum Van Buuren.

Was bevorzugen die Kunden, Skulpturen oder zum Beispiel Masken?
Einige Stücke sind natürlich erfolgreicher als andere. So ist heute beispielsweise alles erfolgreich, das an moderne Kunst wie von Picasso erinnert. Für eine Modigliani-Ausstellung in Lille 2016 habe ich eine Maske ausgeliehen, die Modigliani gehörte. Wenn man weiß, dass all diese Künstler jener Zeit von afrikanischer Kunst inspiriert wurden, dann fügt man als Sammler moderner Kunst natürlich auch ein bisschen Geschichte hinzu, wenn man solche Stücke sammelt.

Die wohlhabende Kundschaft von Didier Claes

Wer sind Ihre Kunden, die bereit sind, hunderttausende Euro für afrikanische Kunst auszugeben?
Die Ästhetik afrikanischer Kunst ist nicht für jeden zugänglich. Sie ist schwierig einzuschätzen, weil die Kunden oft nicht die Referenzen wie in der Malerei haben, wo es all diese Bezüge nach Epochen und Perioden gibt. Die afrikanische Kunst erfordert mehr Wissen. Auf jeden Fall mehr Interesse und mehr Zeit, um Expertise zu entwickeln. Die meisten meiner neuen Kunden haben bereits Erfahrung mit einem anderen Sammelgebiet, z.B. zeitgenössischer Kunst. Zusätzlich finden Sie auch Gefallen an afrikanischer Kunst. Früher gab es Sammler, die ausschließlich afrikanische Kunst sammelten, fast wie Briefmarkensammler. Vollkommen verschwunden sind seit 15 Jahren die deutschen Sammler. Früher waren Bernd Mullack, Schmidt Luprian große Namen, aber jetzt sind viele tot.

Gäste von Didier Claes auf der Kunstmesse Brafa 2020.
Gäste von Didier Claes auf der Kunstmesse Brafa 2020.

Sind Ihre Kunden so jung wie Sie?
Tatsächlich gibt es nun mehr junge Sammler. Man muss aber auch die finanziellen Mittel haben, um eine Sammlung aufzubauen. So kommen einige meiner Kunden zum Beispiel aus der Finanzwelt.

Vor allem Männer sammeln afrikanische Kunst. Warum ist das so?
Das ist richtig. Und es ist eine gute Frage. Ich kann mir auch nicht erklären warum, aber ich finde es schade. Jedoch gibt es immer mehr Paare, bei denen sich sowohl der Mann als auch die Frau dafür interessieren. Wenn es beiden gefällt, ist das für mich als Händler die perfekte Kombination. Denn die Frauen segnen am Ende die Einkäufe des Mannes ab. Es gab Pionierinnen wie Héléna Rubinstein, die in den 30er bis 50er Jahren zu den größten Sammlern afrikanischer Kunst zählten.

Kunstkäufer kommen zunehmend auch aus Katar und den Emiraten. Haben Sie auch vermehrt Kunden aus den arabischen Ländern?
Araber sind im Allgemeinen nicht wirklich Sammler gegenständlicher afrikanischer Kunst, da ihre Religion jegliches Abbild Gottes verbietet. Es ist also schon auf dieser Ebene kompliziert. Ein Gegenbeispiel ist einer der größten Sammler afrikanischer Kunst weltweit, Scheich Saud Al-Thani. Auch Prinz Aga Khan zählt dazu. Diese waren sehr starke Persönlichkeiten mit hoher Sichtbarkeit.

Die Autorin Claudia Scholz führte das Interview mit Didier Claes in Brüssel.

Der Louvre in Abu Dhabi will afrikanischer Kunst sammeln wie der Original-Louvre in Paris. Haben Sie auch an den Scheich verkauft?
Ich persönlich habe nichts verkauft, aber offensichtlich haben sie eine Menge afrikanische Kunst erworben. Ich möchte offen zu Ihnen sein. Ich bin nicht sehr erpicht darauf, an Museen zu verkaufen. Ich ziehe Sammler vor, denn diese sind für mich wie meine Bank, an die ich verkaufe, und von denen ich Stücke auch zurückbekommen kann. Denn ein Objekt, das an ein Museum verkauft wurde, wird dem Markt für immer entzogen.

Die Entwicklung des Kunstmarktes

Die Preise für Meisterwerke der afrikanischen Kunst sind in den letzten zehn Jahren stark gestiegen.
Der gesamte Kunstmarkt hat sich stark entwickelt. Die afrikanische Kunst bekommt nun endlich ihren Platz, den sie verdient.

Aber werden je Preisen wie bei der modernen Kunst erzielt?
Nur für Meisterwerke. Aber wir sind immer noch weit von den Preisen für moderne Kunst entfernt. Um ein Beispiel zu nennen: Ein Picasso oder Gauguin kostet 200 bis 300 Millionen Euro. Für ein absolutes Meisterwerk der afrikanischen Kunst werden 30 Millionen Euro verlangt. Lediglich gute Werke kosten 20 bis 30.000 Euro. Das ist nichts in der zeitgenössischen Kunst, wo selbst junge Künstler unglaubliche Preise erzielen.

Didier Claes' Galerie im Ixelles-Viertel von Brüssel.
Didier Claes‘ Galerie im Ixelles-Viertel von Brüssel.

Vor zwei Jahren haben Sie Ihre Galerie am Sablon verlassen und sind ins Galerienviertel von Ixelles gezogen. Warum?
Ich bin seit 15 Jahren am Sablon, und ich bin jemand, der sich neu erfinden will. Ich denke, dass wir uns in der heutigen Geschäftswelt ständig neu erfinden müssen. Wenn wir stagnieren, dann verpassen wir eine Menge, während sich die Welt mit rasanter Geschwindigkeit weiterdreht. Der Sablon begann mich ein wenig zu langweilen, obwohl er immer noch der Hauptort in Brüssel für afrikanische Kunst ist.

Sind die Galerien am Sablon zu traditionell?
Die Galerien am Sablon sind sehr traditionell, wie eine Art alter Bergmann, Erneuerung fand wenig statt. Und es stimmt, dass ich durch die Annäherung an das Viertel für zeitgenössische Kunst in die Nachbarschaft zu den großen zeitgenössischen Galerien wie Reich, Tavi, Weekend sein möchte. Die Energie dort ist anders, es ist dynamischer und folgt mehr dem Zeitgast.

Moderne und zeitgenössische Kunst als Türöffner

Ihre Galerie liegt direkt neben der von Almine Rech, der Frau eines Enkels von Picasso.
Das war Zufall. Es ist schwer in dem Viertel Räume zu finden. Und gleichzeitig war es kein Zufall. Ich habe es gesehen und es passte perfekt. Sie verbinden in Ihrer Galerie klassische mit zeitgenössischer afrikanischer Kunst. Das tue ich oft. Ich arbeite mit anderen Galerien zusammen, die zeitgenössische Künstler präsentieren. Die Kombination erzeugt Aufmerksamkeit. Und oft sagen die Leute: „Oh, das passt gut zusammen.“ Moderne Kunst kann auch ein Türöffner sein, um Kunden auf den Messestand oder in die Galerie zu bekommen.

Der Galeriegründer Didier Claes zwischen einer Maske der Pende aus dem Kongo und dem unbetitelten Gemälde von Armand Boua.
Der Galeriegründer Didier Claes zwischen einer Maske der Pende aus dem Kongo und dem unbetitelten Gemälde von Armand Boua.

Schaffen Sie durch die Kombination, die Preise von afrikanischer Kunst zu erhöhen und neue Kunden zu gewinnen?
Die Zeit der verstaubten Galerien und Antiquitätenhändler ist definitiv vorbei. Meine Kunden sind Menschen, die hart arbeiten und viel Geld verdienen. Sie wollen nicht suchen, sondern finden. Früher wollten die Sammler selbst entdecken, Lager und Galerien durchforsten. Heute müssen wir eine kleine exquisite Auswahl treffen, sie modern präsentieren und den Menschen zeigen, was schön ist.

Sie haben auch beschlossen, zeitgenössische afrikanische Kunstwerke zu verkaufen. Hat sich Ihr Interesse verschoben?
Zunächst einmal, weil ich ein Liebhaber der zeitgenössischen Kunst bin. Ich möchte aber nicht andere Händler ersetzen.

Ist es einfacher, qualitativ hochwertige Werke zu finden?
Ja, aber es ist nicht so einfach, wie Sie vielleicht denken. Antiquitätenhändler sind der Meinung, dass zeitgenössische Kunst einfach zu handeln ist. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach. Es ist schwierig, Künstler zu finden, gute Künstler, die sich entwickeln können.

Warum kaufen Afrikaner lieber zeitgenössische als alte afrikanische Kunst?
Man muss den Zugang haben. Es gibt jedoch fast keine Galerien in Afrika, keine Ausstellungen. Es gibt nicht viele Museen wie hier. Sammler kaufen auch ein Stück weit die Sympathie und die Persönlichkeit des Händlers mit. Wir Händler erschaffen die Sammler, aber solange es keine großen afrikanischen Händler gibt, können dort keine Sammler entstehen. Ich versuche, afrikanische Sammler zu gewinnen, aber es ist sehr kompliziert. Es braucht Zeit und Vertrauen. Und es kommt noch ein spirituelles Problem hinzu: Viele
Afrikaner glauben noch immer, dass den Objekten ein Geist innewohnt. Deshalb fällt es ihnen schwer, sie zu sammeln.

Von seinem Vater hat Didier Claes das Wissen über afrikanische Kunst: Patrick Claes mit einem Hocker der Hemba aus dem Kongo.
Von seinem Vater hat Didier Claes das Wissen über afrikanische Kunst: Patrick Claes mit einem Hocker der Hemba aus dem Kongo.

Zu Ihren bekanntesten Kunden aus Afrika gehörte Sindika Dokolo. Er und seine Frau, die Ex-Präsidenten-Tochter Isabel dos Santos, waren in einen Korruptionsskandal verwickelt. Bereuen Sie im Nachhinein die Geschäftsbeziehung?
Sindika Dokolo, der wie ich kongolesischer Herkunft ist, war jemand, der die Kunst liebte, die zeitgenössische Kunst, die afrikanische Kunst und der viel bewegt hat. Doch in der Geschäftswelt ist es immer schwierig, den Leuten hinter die Brieftasche zu schauen. Alle Signale waren auf grün. Sotheby’s, Christie’s – alle haben an ihn verkauft und von ihm gekauft. Er stellte seine Werke überall aus. Er war Ehrenbürger der Stadt Porto. Wenn sie allerdings Geld veruntreut haben, müssen sie sich vor der Justiz ihres Landes verantworten. Ich kann Menschen nicht ausstehen, die eine Politik betreiben, die ihr Land und die Menschen ausplündert.

Das Problem mit Kunstfälschungen in der afrikanischen Kunst

Machen sich die Kunden zunehmend Sorgen über gefälschte Kunst? Ist das ein großes Problem bei Tribal Art?
Überall, wo Kunst und Geld zusammenkommen, gibt es Probleme mit Fälschungen. Was die afrikanische Kunst betrifft, so sind viele Leute etwas naiv. Sie denken, sie können nach Afrika gehen und von dort Kunst mitbringen. Und dann kommen sie nach Hause und stellen fest, dass es falsch ist.

Es fehlt die Expertise?
Ich mache seit 20 Jahren Beurteilungen für Auktionshäuser. Jedes Mal, wenn ich gefälschte Objekte begutachtet habe, kamen sie von Menschen, die selbst in Afrika gekauft haben, auf der Straße oder Märkten. im Ernst: wenn ich ein Bild oder ein Möbelstück kaufen will, kaufe ich es in einer seriösen Galerie. Ich werde doch kein Gemälde zeitgenössischer Kunst auf einem Markt kaufen.

Didier Claes mit einem hölzernen Antilopentanzaufsatz der Bambara.
Didier Claes mit einem hölzernen Antilopentanzaufsatz der Bambara.

In den Galerien finden Sie ab und zu auch gefälschte Objekte.
Es gibt also offensichtlich weniger seriöse Galerien. Wenn Sie in einer Galerie kaufen, müssen Sie unbedingt um ein Echtheitszertifikat, ein von der Galerie unterzeichnetes Alterszertifikat bitten und um eine Rechnung. So können Sie sich, wenn es ein Problem gibt, gegen die Galerie wenden.

Haben Sie jemals einen gefälschten Artikel gekauft?
Ich gebe zu, dass dies sehr selten vorkam, denn anfangs konnte ich es mir nicht leisten, mich zu irren. Wenn Sie sich keinen Fehler leisten können, machen Sie keinen Fehler. Wenn es doch einmal passiert, tut es weh. Das Problem ist aber weniger, dass Sammler eine Fälschung erwerben, sondern dass sie zu viel bezahlen.

Wonach sich der Preis eines afrikanischen Kunstwerkes bemisst

Bestimmt sich der Preis für afrikanische Kunst mehr über die Ästhetik oder Herkunft?
Im Jahr 1910 gab es zwei Bücher über afrikanische Kunst. Heute haben wir Tausende und Abertausende. Es gibt eine Ikonographie, die uns erlaubt zu sagen: „Von diesem Werktypus sind 10 bekannt. Dies ist die schönste, die am wenigsten schöne oder die wichtigste oder die älteste. Es wurde bereits mehrfach erwähnt, veröffentlicht und nachgewiesen.“ Wir haben auch Referenzen im Bereich der öffentlichen Verkäufe. Es gibt Hinweise auf dieses und jenes Objekt zu diesem und jenem Preis. Manche Kunstwerke werden zu teuer auf Auktionen verkauft, und wir wissen nicht, warum. Für mich gilt bei Meisterwerken immer, dass der wahre Preis derjenige ist, den jemand bereit ist zu zahlen.

Nagelfetisch aus dem Kongo: Auf der Brafa 2020 wurde das Kultobjekt vom Ende des 19. Jahrhunderts von Didier Claes für 110 000 Euro angeboten.

Nagelfetisch aus dem Kongo: Auf der Brafa 2020 wurde das Kultobjekt vom Ende des 19. Jahrhunderts von Didier Claes für 110 000 Euro angeboten. Foto: Galerie Didier Claes

Viele Verkäufe finden über Auktionshäuser statt. Bedroht das zunehmend Ihr Geschäft?
Nein, ich glaube, wir haben unsere Stärken. Wir Händler haben einen Draht zu den Sammlern, und wissen, wo sich etwas befindet. Ich verteidige den öffentlichen Verkauf, anders als viele meiner Kollegen. Wir brauchen ihn, weil er das Barometer der Kunst ist.

In der Galerieszene gibt es nicht viele Menschen mit afrikanischen Wurzeln wie Sie.
Das ist wahr, es ist ziemlich selten.

Sehen Sie sich immer noch mit Vorbehalten konfrontiert? Fühlen Sie sich als Exot?
Früher hatte ich mit vielen Ressentiments zu kämpfen. Aber heute ist es anders, weil ich in der Branche bekannt bin. Meine Herkunft ist auch meine Stärke. Ich bin jemand, der es vorzieht, beneidet zu werden, als neidisch zu sein.

Haben Sie mehr Feinde oder Freunde?
Das ist eine gute Frage. Auf jeden Fall habe ich nur Freunde, aber vielleicht bin ich für andere deren Feind.

Gäste auf einer Vernissage von Didier Claes in Brüssel.
Gäste auf einer Vernissage von Didier Claes. Foto: Galerie Didier Claes

In der Galeristenszene in Brüssel gibt es auch Konfrontationen, wie man hört. Neiden Ihnen manche den Posten bei der Brafa oder Ihre hohen Preise?
Viele schieben die Schuld auf andere. Aber ich bin nicht für die Niederlagen von anderen verantwortlich. Ich arbeite viel mehr als die anderen. Aber Sie haben völlig Recht. Es ist ein Geldgeschäft und da gibt es Neid.

Die Zukunft der Brüsseler Kunstmesse Bruneaf

Sie wurden vor zehn Jahren Präsident der Bruneaf, einer Messe für Tribal Art. Diese verliert jedoch stetig an Ausstellern und Besuchern.
Brüssel ist heute ein bisschen schwierig. Ich muss zugeben, dass es nicht leicht ist, diese Veranstaltung fortzusetzen und neben starken Städten wie Paris weiter bestehen zu können. Viele sind enttäuscht, aber wir existieren weiter. Wenn manche Freunde, die Mitglied der Brueaf sind und auf der Kunstmesse Brafa ausstellen wollen, aber keine guten Händler sind, dann lehne ich ab. Und wenn mich Leute fragen, die mich nicht mögen, aber gute Händler sind, lasse ich sie herein und beurteile nur die Objekte, nicht die Menschen. Ich verurteile niemals Menschen. Ich beurteile ihre Arbeit, ihre Objekte und die Art und Weise, wie sie arbeiten.

Wollen Sie Präsident der Brafa werden?
Das ist lustig, diese Frage wurde mir bereits gestellt. Ich habe heute Morgen mehr darüber nachgedacht. Ich denke nicht, weil ich glaube, dass ich anderswo gebraucht werde. Aber wir sind in zehn Jahren von 45.000 auf 80.000 Besucher gestiegen. Wir haben wirklich gute Arbeit geleistet. Es ist wichtig, dass Afrika auf den großen Messen vertreten ist.

Sie präsentieren sich gern in eleganten Anzügen oder auffälliger Kleidung, in den Brüsseler Kneipen werden sie immer mit vielen hübschen Leuten gesehen. Sie gehen gerne aus und feiern.
Das ist richtig. Ich mag Menschen und bin gern umgeben von ihnen. Ich bin jemand, der all die schönen Dinge des Lebens liebt. Ich liebe alle Formen der Kunst. Vielleicht ist das meine afrikanische Seite, aber ich mag sie.

DC-1: Der Wagen von Didier Claes mit auffälligem Kennzeichen.
DC-1: Der Wagen von Didier Claes mit auffälligem Kennzeichen

Soziale Medien wie Instagram sind bestimmt auch für Galeristen wie Sie heute wichtig?
Das ist ein unglaubliches Kommunikationsmittel. Aber ich möchte trotzdem, dass die Menschen noch weiterhin in die Galerien gehen. Wir werden auch wieder zu den Grundlagen zurückkehren. Und was sind die Grundlagen? Das ist der menschliche Kontakt. Wichtiger kann es nicht werden. Das ist sicher. Ich vertraue nie nur Fotos, aber es kann mir helfen, eine Community aufzubauen.

Im Allgemeinen denken Sie, dass der alte afrikanische Markt nicht im Niedergang begriffen ist?
Nein, das glaube ich nicht. Aber wir müssen wirklich vorsichtig sein. Es ist gerade eine angespannte Zeit nach den Restitutionsdebatten. Einige Kunden wollen kaufen, zögern aber, weil die afrikanische Kunst gerade ein schwieriges Image hat. Dabei ist es etwas Schönes und wir sollten aufpassen, dass es keine Flecken bekommt. Es darf nicht zu etwas werden, das politisch unkorrekt ist.

Monsieur Claes, vielen Dank für das Interview.

Didier Claes beim Galerienrundgang auf der Bruneaf 2020.

Didier Claes beim Galerienrundgang auf der Bruneaf 2020

Vita Didier Claes:

Als Sohn eines belgischen Vaters und einer kongolesischen Mutter wurde Didier Claes im Kongo geboren. Sein Vater war Wissenschaftler und Einkäufer für das Nationalmuseum in der Hauptstadt Kinshasa. So begleitete der junge Claes den Senior durch die Dörfer, um exquisite Stücke für die Museumssammlung zu finden und zu kaufen. Objekte, die das Museum nicht erwerben wollte, hat der Vater anderen Händlern vermittelt. Mit 17 Jahren verließ Claes den Kongo. Nach Stationen in Paris und New York eröffnete er 2002 im Alter von nur 25 Jahren eine eigene Galerie im Brüsseler Kunsthändlerviertel Sablon.

Als jüngerer Händler für alte Kunst möchte Didier Claes Menschen in seinem Alter zu Sammlern von morgen heranziehen. Der 43-jährige Belgier ist auf den großen Messen präsent wie der Tefaf in Maastricht oder in New York. Mittlerweile ist er nicht nur Vizepräsident der Brafa, sondern auch seit 2014 Präsident der Bruneaf, der traditionsreichen Messe für außereuropäische Kunst in Brüssel. Sehr selbstbewusst sieht er es als sein Verdienst an, dass sich Brüssel neben Paris St. Germain als Marktplatz für die klassische afrikanische Kunst in den letzten zehn Jahren behaupten konnte.

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