Märchen, Sehnsüchte und ein altes Grandhotel: Friedrich Liechtenstein präsentiert abseits von Berlin sein neues Album.
Eben noch tanzte er sich durch Supermarktregale und die Straßen von Berlin Mitte. Der Hype um einen Edeka-Werbespot hatte Friedrich Liechtenstein Mitte Februar zu „Mr. Supergeil“ gemacht. Die Journalisten besuchten ihn in seiner Eremitage in der Linienstraße. Die Leute kamen auf der Straße an und sagten: „Sag mal supergeil“ und wollten ein Selfie mit ihm. Dass Liechtenstein jedoch kein Typ mit einem einzigen Werbespruch ist, beweist er nun mit seinem neuen Album. Es ist nach einem Ort im Nationalpark Hohe Tauern im Salzburger Land benannt: Bad Gastein.
Einst erholten sich hier Kaiser Wilhelm II., Göring, Freud, Liza Minnelli und andere illustre Gäste. Vom damaligen Glamour zeugen heute nur noch die Ruinen der Grandhotels. Junge Hoteliers versuchen dem Ort ein neues, hippes Image zu geben. Bad Gastein ist ein sonderbares Stück vom alten Europa. Aus der Zeit gefallen. Vor genau dieser Kulisse aus Verfall und Revival stellt Liechtenstein seine CD vor. Für seinen Auftritt wählt er einen besonderen Ort: das Foyer des alten Grandhotels. Wie im Film Grand Budapest Hotel fallen die Stockwerke tief in die Schlucht hinab. Ein Relikt des einstigen Weltkurortes.
Der Rest des alten Ortszentrums liegt verlassen da. Vom großen Fenster des Foyers blickt man auf die Hotelruinen und den Wasserfall. Die Folie für Liechtensteins Märchen. „Wenn man sich ansieht, welche Pracht, welche Dimensionen das Grandhotel hat, kann man sich einfach nicht vorstellen, wie es in unserer Zeit gelingen soll, das wieder mit Energie zu füllen. Das ist wahrscheinlich gar nicht möglich.“ Liechtensteins Konzert beweist das Gegenteil. Die Leute reisen für die Vorstellung extra aus Berlin, Hamburg, Wien an. Gespannt lauschen sie seinen Erzählungen über Liebesschmerz, Hirsche und die Sehnsüchte eines alten Mannes.

Das alte Grandhotel in Bad Gastein
Seine derzeitige Bekanntheit will Liechtenstein für den Ort nutzen und Leute nach Bad Gastein locken. Mit schönen Events und Konzerten. „Es ist leider nur ein bisschen weit weg von Berlin.“ Dennoch: Hippe Retro-Hotels wie „Das Regina“ oder „Miramonte“ haben schon jetzt ihre Stammkundschaft aus Berlin und Hamburg, die immer wieder zurückkehrt. Erst vor Kurzem wurde auf der Berliner Dachterrasse der Brillenmarke ic!berlin die neue Ausgabe des offiziellen Bad Gastein-Magazins gelauncht. Und wer schmückt das Cover? Natürlich Liechtenstein. Für Bad Gastein kann sich der Entertainer vieles vorstellen. Künstler sollen den Ort neu beleben, coole Bars, schicke Leute sollen hierher kommen. „Mit dem Leerstand explodieren auch die Möglichkeiten, die Fantasien. Man könnte ein Hotel kaufen, dafür sorgen, dass es cool wird und dann wieder verkaufen.“ Am nötigen Größenwahn mangelt es Liechtenstein jedenfalls nicht.

Der alte Herr stilsicher im Bademantel.
Eine sehr interessante Person, die ich bei seinen tollen Vernissagen in Berlin kennenlernen konnte. Guter Artikel, weiter so!